Dies ist der dritte Teil einer vierteiligen Blog-Reihe, die die Arbeit der EFF in Europa dokumentiert. Weitere Beiträge können Sie hier lesen: 

Die EFF hat es sich zur Aufgabe gemacht, dafür zu sorgen, dass Technologie Freiheit, Gerechtigkeit und Innovation für alle Menschen auf der Welt unterstützt. Auch wenn uns unsere Arbeit in die entlegensten Winkel der Welt geführt hat, haben wir uns in den letzten Jahren verstärkt in Europa engagiert. Wir haben in der Region nicht nur ein politisches Team mit exzellentem Know-how aufgebaut, sondern auch unsere Erfahrung auf dem Gebiet der Interessenvertretung und der Technologie in den europäischen Kampf für digitale Rechte eingebracht.  

In dieser Blog-Reihe stellen wir Ihnen die verschiedenen Akteure vor, die an diesem Kampf beteiligt sind, berichten über unsere Arbeit in Europa und erörtern, wie sich die Ereignisse in Europa auf die digitalen Rechte in der ganzen Welt auswirken können. 

Umsetzung eines „Privacy-First“-Ansatzes, um Gefahren durch das Internet zu bekämpfen

Verstöße gegen die Privatsphäre sind überall auf der Welt an der Tagesordnung, und Europa ist keine Ausnahme. Regierungen und Regulierungsbehörden in der gesamten Region konzentrieren sich immer stärker auf eine Vielzahl von Risiken, die mit der Gestaltung und Nutzung von Online-Plattformen verbunden sind, wie z. B. das Suchtpotenzial, die Auswirkungen des Konsums sozialer Medien auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und „Dark Patterns“ (subtile Strategien), die die Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und Verbraucherinnen einschränken. Viele dieser Probleme haben eine gemeinsame Wurzel: die übermäßige Sammlung und Verarbeitung unserer privatesten und sensibelsten Informationen durch Unternehmen zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil. 

Ein wesentlicher Ansatz zur Lösung dieses weit verbreiteten Problems besteht darin, die Datenmenge, die diese Unternehmen sammeln, analysieren und verkaufen können, zu reduzieren. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist für den Schutz der Datenschutzrechte der Nutzer in Europa von zentraler Bedeutung, aber letztlich hängt die Wirksamkeit der DSGVO davon ab, wie gut sie durchgesetzt wird. Die bessere Durchsetzung der DSGVO in Bereichen, in denen Daten verwendet werden können, um Grundrechte anzugreifen, zu diskriminieren und zu untergraben, ist daher ein Eckpfeiler unserer Arbeit. 

Über die DSGVO hinaus bringen wir unseren „Privacy-First“-Ansatz bei der Bekämpfung von Gefahren durch das Internet auch in Diskussionen über Online-Sicherheit und digitale Fairness ein. Der Gesetzentwurf über digitale Dienste (GdD) sieht einige wichtige Schritte vor, um die Verwendung einiger Datenkategorien für die gezielte Werbung einzuschränken, und verbietet gezielte Werbung für Minderjährige vollständig. Das ist der richtige Ansatz, auf dem wir aufbauen werden, wenn wir uns an der Debatte um den anstehenden Digital Fairness Act (Gesetz zur digitalen Fairness) beteiligen. 

Tools zur Altersüberprüfung sind keine Patentlösung

Wie in vielen anderen Ländern der Welt ist die Altersüberprüfung auch in der EU ein heiß diskutiertes Thema, und Regierungen überall in Europa möchten sie einführen. Im Vereinigten Königreich wurden Rechtsvorschriften wie der Online Safety Act (OSA) eingeführt, um das Vereinigte Königreich zum „sichersten Ort“ der Welt zu machen, an dem man online sein kann. Die OSA verlangt von den Plattformen, dass sie verhindern, dass Nutzer auf bestimmte illegale Inhalte stoßen, was wahrscheinlich den Einsatz übergriffiger Scansysteme erforderlich machen wird. Schlimmer noch, es ermöglicht der britischen Regierung, in bestimmten Situationen zu verlangen, dass Online-Plattformen staatlich zugelassene Software einsetzen, um nach illegalen Inhalten zu suchen. Und Britannien ist nicht das einzige Land, das dies anstrebt. Letztes Jahr hat Frankreich den Zugang zu sozialen Medien für Kinder unter 15 Jahren ohne elterliche Zustimmung verboten, und auch Norwegen hat ein ähnliches Verbot angekündigt

Die Sicherheit von Kindern ist wichtig, aber es gibt kaum Belege dafür, dass Tools zur Online-Altersüberprüfung dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Von den USA bis Australien kämpft die EFF seit langem gegen Gesetze zur Altersüberprüfung, und wir werden uns auch weiterhin gegen diese Art von Gesetzen in Europa einsetzen. Nicht nur um der freien Meinungsäußerung willen, sondern um den freien Informationsfluss zu schützen, der für eine freie Gesellschaft unerlässlich ist. 

Kampf gegen schleichende Überwachungsbefugnisse

Seit Jahren beobachten wir die besorgniserregende Tendenz, dass Technologien, die die Privatsphäre und die Daten der Menschen schützen sollen, zu Sicherheitsbedenken umgedeutet werden. Und die jüngsten Entwicklungen in Europa, wie Deutschlands überstürzte Einführung der biometrischen Überwachung, signalisieren eine gefährliche Entwicklung hin zu einer Ausweitung der Überwachungsbefugnisse, die durch Narrative gerechtfertigt wird, bei denen komplexe digitale Fragestellung hauptsächlich als Sicherheitsbedenken dargestellt werden. Diese Herangehensweise lädt zu Kompromissen ein, die die Privatsphäre und die freie Meinungsäußerung des Einzelnen in der EU und anderen Ländern untergraben könnten.

Obwohl ihr Zugang zu Daten noch nie so umfassend war wie heute, verbreiten Strafverfolgungsbehörden in ganz Europa weiterhin die Mär von „Going Dark“. Gemeinsam mit EDRi haben wir die hochrangige EU-Gruppe „Going Dark“ kritisiert und in einem gemeinsamen Schreiben davor gewarnt, den Strafverfolgungsbehörden uneingeschränkte Befugnisse einzuräumen, die zu einer Massenüberwachung führen und Grundrechte verletzen könnten. Wir waren auch an den Pegasus-Spyware-Untersuchungen beteiligt, wobei die EFF-Geschäftsführerin Cindy Cohn an einer Expertenanhörung zu diesem Thema teilgenommen hat. Das Thema Spyware ist allgegenwärtig und überschneidet sich mit vielen Komponenten des EU-Rechts, wie z. B. den Anti-Spyware-Bestimmungen, die im EU-Gesetz über die Medienfreiheit enthalten sind. Eingreifende Überwachung hat eine globale Dimension, und unsere Arbeit hat die Interessenvertretung bei den Vereinten Nationen mit der bei der EU kombiniert, indem wir zum Beispiel das EU-Parlament aufgefordert haben, den UN-Vertrag über Cyberkriminalität abzulehnen.

Anstatt die Überwachung zu verstärken, müssen die Länder in ganz Europa von ihrem Recht Gebrauch machen, die biometrische Überwachung zu verbieten und dadurch sicherzustellen, dass der Einsatz dieser Technologie in sensiblen Bereichen nicht zulässig ist, z. B. an den europäischen Grenzen. Die Gesichtserkennung beispielsweise stellt eine inhärente Bedrohung für die Privatsphäre des Einzelnen, die freie Meinungsäußerung, die Informationssicherheit sowie die soziale Gerechtigkeit dar. Im Vereinigten Königreich haben wir mit nationalen Gruppen zusammengearbeitet, um die Verwendung der Gesichtserkennungstechnologie durch die Behörden zu verbieten. Diese wird bereits jetzt von den örtlichen Polizeikräften genutzt. Angesichts der Ausbreitung der staatlichen Überwachung in ganz Europa muss der Einsatz dieser Technologie durch die Regierung verboten werden.

Schutz des Rechts auf sichere und private Kommunikation

Die EFF beschäftigt sich intensiv mit Themen wie der Verschlüsselung, um das Recht auf private Kommunikation in Europa zu verteidigen. Jahrelang hat die EFF heftig gegen einen Vorschlag der EU gekämpft, der, wenn er Gesetz würde, Online-Dienste unter Druck gesetzt hätte, die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzugeben. Wir haben uns mit EU-Verbündeten zusammengetan und in der Bevölkerung dafür geworben, die Petition „Don't Scan Me“ zu unterzeichnen. Wir haben bei den EU-Gesetzgebern Lobbyarbeit betrieben und sie aufgefordert, das Menschenrecht ihrer Wähler und Wählerinnen auf ein privates Gespräch, das durch eine starke Verschlüsselung gesichert ist, zu schützen. Unsere Botschaft hat sich durchgesetzt, und ein wichtiger EU-Ausschuss hat einen Beschluss gefasst, der das massenhafte Scannen von Nachrichten verbietet und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung schützt. Er verbietet auch die verpflichtende Altersüberprüfung, bei der die Nutzer einen Ausweis hätten vorzeigen müssen, um online zu gehen. Da die Mitgliedstaaten noch über ihren Standpunkt zu dem Vorschlag diskutieren, ist dieser Kampf noch nicht beendet. Aber wir sind ermutigt durch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das bestätigt, dass die Aushöhlung der Verschlüsselung gegen die Grundrechte auf Privatsphäre verstößt. Die EFF wird sich weiterhin bei den Regierungen und den Unternehmen, die unsere Messaging-Dienste bereitstellen, dafür einsetzen.

Wie wir sowohl in Europa als auch in den USA bereits mehrfach gesagt haben, gibt es keinen Mittelweg bei der Überprüfung von Inhalten und keine „sichere Hintertür“, wenn das Internet frei und privat bleiben soll. Entweder werden alle Inhalte gescannt und alle Akteure – einschließlich autoritäre Regierungen und Kriminelle – haben Zugang, oder niemand hat Zugang. Die EFF wird sich weiterhin für das Recht auf ein privates Gespräch einsetzen und die EU für die Einhaltung der internationalen und europäischen Menschenrechtsbestimmungen, die sie unterzeichnet hat, zur Verantwortung ziehen. 

Ausblick

Die EU-Gesetzgebung und internationale Verträge sollten konkrete Menschenrechtsgarantien, robuste Datenschutzstandards und scharfe Beschränkungen für eingreifende Überwachungsbefugnisse enthalten, auch im Kontext der globalen Zusammenarbeit. 

Es gibt noch viel zu tun. Und wir sind dazu bereit. Ende letzten Jahres haben wir den europäischen Gesetzgebern umfassende politische Empfehlungen vorgelegt, und wir werden weiterhin für ein Internet kämpfen, in dem jeder seine Meinung äußern kann. Im nächsten – und letzten – Beitrag dieser Serie erfahren Sie mehr darüber, wie wir uns in Europa dafür einsetzen, dass die digitalen Märkte fair sind, den Nutzern Wahlmöglichkeiten bieten und die Grundrechte achten.

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